Je mehr Menschen ich beruflich und privat in der letzten Zeit begleitet habe, umso stärker habe ich mit der Zeit wirklich realisiert, was bei uns eigentlich alles schon in der Kindheit entsteht (was wir dann unser Leben lang mit uns tragen), wie wir Glaubenssätze entwickeln und sich Denkmuster festigen. Julia Brötz von Freedays hat vor wenigen Tagen einen Beitrag veröffentlicht, in dem es um die Leichtigkeit unserer Kindheit ging, wie wir durch das Spielen unsere Welt erfahren und verstanden haben, und wie wir nach kleinen Rückschlägen wieder neuen Mut gefasst haben – schon rein intuitiv. 🙂 Wir haben kleine Schmerzen oft weggelacht und die Sorgen in unserer kleinen Welt einfach weggeträumt. Das habe ich als einen tollen Ansporn gesehen, einen eigenen Blogartikel dazu zu veröffentlichen…
Auch wenn wir uns an traurigen Tagen immer wieder sagen, denk positiv und schau nach vorne, können uns bestimmte Schicksalsschläge auch wirklich eine ganze Zeit lang die Beine weghauen. Je älter wir mit der Zeit geworden sind, umso mehr haben wir die Leichtigkeit verloren. Wir sind (zwangsweise) immer mehr Verpflichtungen eingegangen und, ich weiß nicht mehr genau wann es war, irgendwann war auch einfach als Jugendliche der „Welpenschutz“ vorbei. 🙂 Man stand nun mitten im Leben, wurde auch so behandelt, und Anforderungen wurden an einen gestellt. Wir wurden nicht gefragt, ob wir jetzt bereit dazu sind, wir hatten es einfach zu sein.
Wie lese ich so oft dazu:“ Glaubt daran, dass euch alles möglich ist und haltet daran fest! Seid kreativ und lebt eure Fantasie. Alles ist wie immer, wir sind nur älter, reifer und erwachsen geworden.“ Mit diesem Artikel spiele ich auch auf den Begriff „Resilienz“ an – auf die „psychische Widerstandskraft“, die es uns ermöglicht, Krisen zu bewältigen und sie auch dafür nutzen zu können, sich persönlich weiterzuentwickeln. Und da sind dann wieder unsere Ressourcen von Vorteil, auf die ich immer wieder zu sprechen komme. Mein Wunsch für Dich durch diesen Artikel: Lass das Kind in Dir immer ein Stück weiter existieren, fange wieder mehr an zu träumen, spielen sowie experimentieren und fest an Dich zu glauben. 🙂
Na, fällt Dir schon ein Beispiel ein? An was denkst Du? 🙂
Ich stimme Julia zu, dass wir es uns auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen nehmen lassen dürfen, zu träumen und sagen beziehungsweise einreden zu lassen, dass irgendetwas nicht geht. Und ja, wir sind zwar erwachsen geworden – aber auch nur erwachsen geworden –lasst uns weiter träumen! Mit der richtigen Ausrichtung der Gedanken können wir eine Menge schaffen.
„Die schönsten Erinnerungen sind stets Erlebnisse, für die man sich Zeit genommen hat. Ich weiß genau, dass ich immer durchs Leben gehetzt bin, zu viel Ungeduld und Rastlosigkeit im Gepäck gehabt, zu viele Chancen verpasst, zu viele wertvolle Menschen im aufgewirbelten Staub übersehen habe.“
Charles Kuralt
Wenn ich heute mit meinem kleinen Sohn spiele, schlüpfen wir oft in Rollen. Da sehe ich mich dann auch ein Stück weit in meiner Kindheit wieder, wo alles noch unbeschwert und möglich erschien, und wir nach den Sternen greifen konnten. Er springt mutig drauf los und probiert ständig etwas Neues aus – immer in dem Vertrauen, dass es ihm schon gelingen wird. Ich finde das großartig! 😉 „Mama, wollen wir einen Schatz finden?“ Und dann pflückt er ein Gänseblümchen, hebt einen Stein auf oder formt einen Schneeball. Ich bin so dankbar, dass ich gerade wieder so viel von ihm lernen darf… Das erinnert mich an die Besuche früher, wo ich viel Zeit im Elternhaus meines Vaters in Ginsheim-Gustavsburg (Hessen) verbracht habe, in einem alten Fährhaus, mit einem verwunschenen Garten, großen Bäumen und tollen Möglichkeiten, sich zu verstecken. Für ein kleines Mädchen ein Traum, wie im Märchen. Und wenn ich mich jetzt, nach so vielen Jahren, bewusst daran erinnere, wie schön und unbeschwert alles war, gibt mir das noch heute Kraft. Heute ist zwar der Efeu die alten Mauern hinaufgewachsen, im riesigen Garten steht ein neues Haus und auch meine Großeltern winken leider nicht mehr aus dem Fenster und schauen meinem Bruder und mir beim Spielen zu, aber tief in mir ist es eben doch noch sehr präsent!! Auch die Gerüche und Geräusche, die wir damit verbinden.
Versuche es doch auch mal: Nimm Dir Zettel und Stift zur Hand und gehe wieder diesen Weg zurück. Während Du das jetzt von mir liest, welche Bilder hast Du dabei im Kopf? Auch Du besitzt ganz sicher diese „Zaubergärten der Kindheit“, die Dich noch heute bereichern, der Efeu ist vielleicht auch hier einfach nur darüber gewachsen – aber die Schatzkiste ist dennoch da! 🙂
Was ist mit der Zeit passiert?
Auch wenn Kinder Konflikte nicht immer gewaltfrei lösen, haben sie dennoch ein gutes Gefühl dafür, dass es den anderen verletzen und ihm wehtun könnte. Als Erwachsene tun wir uns später auf der geistigen Ebene oft bewusst weh, in der festen Überzeugung, so unsere Ziele erreichen zu können. Was ist da passiert? Warum sind wir „abgestumpft“ bzw. haben gelernt, dass dieser Umgang zum Erwachsensein dazu gehört? Ich denke, das Geheimnis ist ein gesundes Maß an Selbstreflexion, durch das wir immer wieder schauen können, wo wir stehen und wie es uns geht. Wir haben es in der Hand und können bewusst gegensteuern.
In meiner damaligen Ausbildung zur Mediatorin kam ich erstmalig mit dem Begriff „Resilienz“ in Verbindung. Eine Kursteilnehmerin hat dies großartig dargestellt mit der Geschichte von Pippi Langstrumpf, die schon in der Kindheit mein Vorbild war, wenn ich geweint habe und mich ungerecht behandelt fühlte. Vor dem Hintergrund der Resilienz besteht auch ein Zusammenhang mit der Entstehung von Gesundheit. Die Referentin hatte damals eine kleine Spielzeugwaage mitgebracht und so bildlich dargestellt, wie Pippi intuitiv das Gleichgewicht wieder hergestellt hat, wenn es eben mal nicht so gut lief… Viele von uns tun in einschneidenden und schlechten Zeiten rein intuitiv ebenfalls Dinge, um sich gesund zu erhalten und wieder aufzubauen: sie sind resilient!
Lasst uns wieder mehr lernen, unser inneres Team darauf auszurichten, uns Mut zu machen, an uns zu glauben und Ziele zu verfolgen.
Was wir von Vorbildern lernen können
Ich gehörte zum Beispiel zu den jungen Mädchen, die genau wie Pippi Langstrumpf sein wollten. 🙂 Irgendwann las ich mal, dass in diesen Kindergeschichten viel zeitlose Lebensklugheit steckt – und das sehe ich heute in der Tat so. Wir können lernen, wieder mehr Freude an den kleinen Dingen zu empfinden, die uns im Alltag passieren. Wenn wir uns den kleinen Lebensfreuden im Alltag öffnen, geht es uns einfach besser. Das ist nicht nur auf Dauer gesünder, sondern steckt auch Menschen um uns herum an. 🙂
„Warte nicht darauf, dass die Menschen Dich anlächeln. Zeige ihnen, wie es geht!“
Pippi Langstrumpf
Lasst uns unsere Zeit aktiv nutzen und unser Leben gestalten und in den Farben ausmalen, wie es uns gefällt und wie es gut für uns ist. Unsere Gefühle sind dafür großartige Messinstrumente. Sie sagen uns, ob uns etwas gefällt oder nicht. Auch können wir an Pippi sehen, dass sie dieses Urvertrauen besitzt und den Glauben an die eigenen Fähigkeiten, Schwierigkeiten meistern zu können – egal, was andere über sie denken könnten. Und spätestens da fühle ich mich ertappt. 🙂 Auch wenn ich mich hier in einem Trainingsprozess mit bereits verbuchten Erfolgsgeschichten befinde, ist es doch etwas, womit ich täglich zu tun und mitunter auch sehr zu kämpfen habe: Oh, was könnten nur die anderen denken?!
Was Liebe geben und leisten kann
Es kann uns doch so glücklich machen, unseren eigenen Weg zu gehen und unsere Träume zu leben. Für mich war Pippi früher auch dafür hilfreich, als ich noch aktiv auf der Suche nach Vorbildern war und ihnen nachgeeifert habe. Sie hat ihren Mitmenschen und auch den Tieren so viel Liebe gegeben und die Bedürfnisse erkannt und gesehen. Das haben wir in unserer Gesellschaft, finde ich, leider auch viel zu sehr verlernt. Zumindest erlebe ich viele Menschen, die mit Ellenbogen unterwegs sind, und stets ihre eigenen Ziele und Vorteile im Blick haben. Ich mit meiner sensiblen Ader und meinen ausgeprägten Antennen in alle Richtungen, habe damit in der Tat sehr viel zu tun – egal ob beruflich oder privat.
Auch kann es hilfreich sein, sich einfach mal treiben zu lassen und zu sehen, was das Leben so mit einem vor hat – mit einem gewissen Maß an Neugier und Verrücktheit. Mir ist bewusst, dass das jetzt so einfach dahin geschrieben aussieht, aber es soll auch erst mal ein kleiner Gedankenstoß sein. 🙂
„Gar nichts tun, das ist die allerschwierigste Beschäftigung und zugleich diejenige, die am meisten Geist voraussetzt.“
Oscar Wilde
Entwickle eine unbändige Stärke
Auch habe ich an Pippi bewundert, dass sie so verdammt stark gewirkt hat. Irgendwie hat sie an allem noch etwas Positives gesehen und negative Dinge nicht auf sich bezogen. Und in Coaching-Prozessen begleite ich Menschen dabei, ihre eigenen Stärken zu sehen, zu erkennen und bewusst den Fokus im Leben darauf zu richten. Es geht hier nicht darum „immer gut drauf zu sein“. Damit machen wir uns nur unnötig Stress, denn Trauer, Wut, Schmerz und schlechte Tage gehören genau so dazu. Dadurch wissen wir dann das Positive mehr zu schätzen. Ich sehe an schlechten Tagen den Antrieb und die Motivation, es nächsten Tag besser zu machen, denn was nehme ich mir an Lebenszeit und Lebensqualität dadurch?!
Die Glücksforschung, die bei uns in Deutschland eher genutzt wird als der Begriff der Positiven Psychologie, hat ihre Züge bereits in die freie Wirtschaft geschafft, in die Schulen und auch die Politik. Dennoch liegt es an jedem von uns, sich seiner eigenen Stärken bewusst zu werden und sie zu nutzen. Wir Deutschen gehören zu den 30 glücklichsten Ländern der Welt. Im Glücks-Ranking bedeutsam sind für uns vor diesem Hintergrund vor allem Selbstbestimmung, Gesundheit, Erfolg sowie Zeit mit Familie und in der Natur zu verbringen. Was verbinden wir mit Sinn im Leben, wo können wir uns einbringen und positive Beziehungen zu anderen Menschen pflegen: das alles kann Glück bedeuten und uns Kraft geben – auch und vor allem im Erwachsenenalter! 🙂
Wie sagte schon Astrid Lindgren:
„Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar!“
Herzlichst,
Deine Christin